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Schreiben oder Lesen, aber nicht beides, oder
Vorschlag zur Wiedereinführung der Keilschrift mittels Hammer und Meißel (1989)
pp. 455-457
Abstract
Die Motive, welche den einzelnen dazu veranlassen, seine Mühen auf den Fortschritt der Wissenschaft zu richten, sind sehr verschieden und meist gemischter Natur. Im besonderen als Geisteswissenschaftler mag man sich fragen, oder vielmehr nicht fragen, was denn an unserer Arbeit angetan ist, die Mühseligkeit der menschlichen Existenz zu erleichtern. Eine neue Ausgabe der Werke Zinzendorfs? Eine filigrane Studie der nebensatzeinleitenden Konjunktionen bei Wolfram? Eine Parametrisierung des »empty category principle« für nichtkonfigurationelle Dialekte des Italienischen? Wir setzen unsere Ziele etwas tiefer an und begnügen uns, nicht ohne einen leisen Anflug der Befriedigung, mit dem Hinweis, daß unsere Arbeit, im Gegensatz zu jener der Naturwissenschaftler, auch niemandem schadet. Im übrigen aber sind wir untereinander und mit jenen in einem Punkt einig: Wir möchten zum Fortschritt der Erkenntnis beitragen. Aber wir sind uns auch darin einig, daß wir damit nicht nur uns selbst dienen wollen. Wer eine Erkenntnis gewonnen hat, möchte diese nicht für sich behalten, sondern sie all jenen, die sich möglicherweise dafür interessieren, weitervermitteln. Der Wissenschaftler möchte schreiben und auch gelesen werden. Nun war das Aufschreiben der Erkenntnis immer schon ein mühseliger und zeitraubender Vorgang, und zwar aus zwei Gründen. Zum einen ist es nicht einfach, seine Gedanken auf die Reihe zu bringen und in verständliche Worte zu kleiden. Daran hat sich, seit die Menschen überhaupt ihre Gedanken aufschreiben, nichts geändert.
Publication details
Published in:
Klein Wolfgang (2015) Von den Werken der Sprache. Stuttgart, Metzler.
Pages: 455-457
DOI: 10.1007/978-3-476-05420-3_19
Full citation:
Klein Wolfgang (2015) Schreiben oder Lesen, aber nicht beides, oder: Vorschlag zur Wiedereinführung der Keilschrift mittels Hammer und Meißel (1989), In: Von den Werken der Sprache, Stuttgart, Metzler, 455–457.