Communities of Dialogue Russian and Ukrainian Émigrés in Modernist Prague

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218762

"Du sollst Dir (k)ein Bild machen" (Ex 20:4)

Bernd Feininger

pp. 231-246

Abstract

"Gesicht zeigen!" "Ein freundliches Gesicht aufsetzen." "Das Gesicht abwenden oder verbergen." Diese und andere Redewendungen signalisieren die Spannbreite in der Auffassung vom Menschen- und Gottesbild am Beispiel des Gesichtes: der verletzlichste Teil unserer Körperlichkeit, der sich verbergende und der zugewandte, der wesentliche Eindruck unserer Erscheinung. Das Antlitz repräsentiert das Wesen des Bildes als ein Zentrum des Religiösen (Religion "ansichtig" werden zu lassen): Wenn in den Religionen von Bildern geredet wird, kommen Gott und Mensch zur Sprache, ist diese Spannung von "offenbar-werden" und "im Geheimnis bleiben", die Religion überhaupt charakterisiert, aufgebrochen, zeigt sich Widerspruch oder Begeisterung: Bilderverbot oder Bilderverehrung, Bilder im Dienst der Religion oder ganz bilderloser Gottesdienst in schmucklosen Räumen: "Du sollst dir kein Bild machen!" heißt es in 2 Mose 20:4 (Dekalog). Bilder = Götzen = Konkurrenz zum einzigen Gott und dessen Schöpferkraft? Judentum, Christentum und Islam gelten als Wort- bzw. Buchreligion und alles, was Bilder betrifft, sollte im interkulturellen Gespräch dieser Religionen in der je unterschiedlichen geschichtlichen Entwicklung berücksichtigt werden (Bildersturm, Bildermagie, kulturelle Konflikte und Empfindlichkeiten). Foto und Fotografie als Bildermedium der Neuzeit sind ein wichtiges interkulturelles Thema, besonders aktuell zwischen Islam und Christentum bzw. westlicher Welt (wobei das kein geographischer Gegensatz zu bleiben braucht, denn gerade das Christentum des Ostens zeigt sich nach den Bilderstürmen der ausgehenden Antike besonders Bilder-freundlich). Der Islam, der sich oft "belagert" fühlt von westlicher Bilderflut, kann uns an die positiven Elemente eines kritischen Umganges mit Bildern im Raum der Religion erinnern und den grundsätzlichen Vorbehalt wach halten, Gott den je Größeren sein zu lassen, ihn nicht künstlich zu imitieren.

Publication details

Published in:

Holzbrecher Alfred, Oomen-Welke Ingelore, Schmolling Jan (2006) Foto + Text: Handbuch für die Bildungsarbeit. Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Pages: 231-246

DOI: 10.1007/978-3-531-90320-0_18

Full citation:

Feininger Bernd (2006) „"Du sollst Dir (k)ein Bild machen" (Ex 20:4)“, In: A. Holzbrecher, I. Oomen-Welke & J. Schmolling (Hrsg.), Foto + Text, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, 231–246.